Erstmal die Werbung vorweg: Ab Mittwoch zählt jede Stimme, also fleissig unter vote.railsrumble.com registrieren und für soundbadge.net abstimmen, denn dann könnt Ihr ein Photo von meinen Teamkollegen und mir mit dem Railsrumble-Gürtel gewinnen!

Nun zurück zum eigentlichen Thema. Ich wollte schon längst mal einen Eintrag über das seltsame Startup-Weekend von Cem Basman und Jason Franklin-Stokes schreiben, habe mich allerdings bisher eher im Stillen geärgert. Jetzt, nach der Railsrumble kann ich diesen Eintrag nicht mehr schreiben ohne auf die Unterschiede zwischen beiden Veranstaltungen einzugehen.
Was mir an dem StartupWeekend vor allem nicht gefällt ist dieser “Startup als Selbstzweck”-Gedanke. Als hätte das Startup-Tum irgendeinen Wert an sich. Das hat es vielleicht für mich als Individuum, weil ich gern Unternehmer wäre und weil es angenommenerweise einfacher ist, mit dem Spruch “Ich habe übrigens gerade ein Startup gegründet” flotte Bienen aufzureissen, aber darüber hinaus ist das erstmal relativ sinnfrei. Insofern korreliert das SW mit der momentan grassierenden Metoo-Gründungswelle: Machen um des machens willen. Das finde ich nicht nur sinnfrei, sondern auch noch Kontraproduktiv, weil es einer tiefere Identifizierung mit der Idee, eine der Grundvoraussetzungen für exzellente Ergebnisse, entgegensteht.

Darüberhinaus widerspricht die Organisation des Weekends meinem Verständnis von Teamarbeit. Man kann ein so komplexes Problem wie eine Firmengründung aus meiner Sicht nicht in so kleine Teilpakete unterteilen, dass man das mit 120-140 Leuten hinreichend kleine Teams bestückt bekommt. Vollkommen illusorisch. Selbst wenn man das hinbekommt, ist es ein mittlerer bis schwerer Albtraum, diese Ergebnisse dann auch noch zusammenzutragen und zu -führen. Kontinuierliche Integration funktioniert vielleicht bei einem Softwareprojekt. Aber bei einer Unternehmensgründung? Nunja, um es moderat zu formulieren: Skepsis ist angebracht.

Ein weiterer Punkt ist die Annahme, dass man auf so einem Wochenende die “Wisdom of the Crowds”-Vorteile nutzen kann. Ich glaube, WotC funktioniert nur in weitgehend anonym, also z.B. bei sowas wie Tagging auf Flickr. Ich glaube, dass auf einer Veranstaltung wie dem SW die (sicher zahlreich vertretenen) Großmäuler und Besserwisser den WotC-Effekt sehr sehr gut zu nichte machen können.

Interessant ist, dass Cem eigentlich die richtigen Ideen hat: Einfach mal machen ist ein ziemlich guter Ansatz. Aber bitte nicht mit 100 Leuten auf einer Idee, denn dann gehen die brillianten Ideen der einzelnen im Geschrei der Masse unter.

Ich glaube viel Erfolgversprechender ist da der Rails-Rumble-Ansatz: Ohne dass am Ende eine Tragfähige Idee mit komplett abgeklärter Rechtsform und ähnlichem da sein muss, einfach mal eine Idee, die man schon immer im Kopf hatte, einfach mal machen. Dann hat man im günstigsten Fall einen Proof of Concept, den man unter vielerlei Gesichtspunkten hinterher abklopfen kann.

Eine Gesellschaftsform und AGB’s und ein finales Design und Werbemittel und und und, das kann man dann immer noch entwickeln. Aber der Fokus muss doch auf der eigentlichen Idee liegen. Jeder, der schon mal in agilen Softwareprojekten gearbeitet hat, weiss doch, wie sehr sich das Ziel auf dem Weg noch ändern kann. Alles was sich nicht mit dem Kernproblem der Idee auseinandersetzt ist also u.U. vollkommen für die Katz, wenn sich herausstellt, dass man vielleicht doch vollkommen woanders rauskommt, was, wie wir inzwischen dank Flickr, Twitter und co wissen, eher die Regel als die Ausnahme ist. Was nützt es also, Marketing- und Legal-Teams auf die Reise zu schicken?

Zugegeben, bei der Railsrumble sind wenig Ideen dabei, die auf den ersten Blick kommerziell interessant zu sein scheinen. Auch das ein Grund, bei der Rumble mituzumachen: Weil man mal die Chance hat, eine eher abwegige Idee einem großen Publikum vorzustellen. Die Profitabilität, die einen in der täglichen Arbeit eine ganze Reihe von schmerzvollen Kompromissen eingehen lässt, einfach mal ausser Acht lassen.

Ich kann den Teilnehmern des SW nur wünschen, dass der BS-Faktor nicht halb so groß ist, wie er von hier aus betrachtet zu werden scheint. Dass sich die Schreihälse zurückhalten. Das die Legal-Typen nicht alles zu tode bedenken. Dass alle Teilnehmer sich der Komplexität der Kommunikation bei 140 Teilnehmern bewusst sind und ihre eigenen Befindlichkeiten für 48h ausschalten können. Dann hat das SW eine Chance, dass da was bei rauskommt, was irgendwie halbwegs erfolgsversprechend ist.

Ich glaube nicht dran.

Woran ich glaube, ist unsere Chance, die Railsrumble zu gewinnen, wenn auch DU für uns stimmst. :)

P.S.: Eine der ersten Ideen, die von einem Startup-Weekend umgesetzt worden sind, ist vosnap. Richtungsweisend. Einmalig. Umsatzstark. Weltbewegend. Und dafür braucht man 70 Leute? Rechtsanwälte? Marketingmenschen? WTF?