Ja, also man kann Yahoo auf vielen Ebenen für eine beschissene Firma halten. Widerstandskämpfer an chinesische Behörden zu verraten wird einem nicht gerade den AI-Sonderpreis einbringen. Auch das aktuelle Flickr-Drama, bei dem es kurioserweise immer noch keine neuen Erkenntnisse gibt, bringt Yahoo von mir keinen Fu-Stempel ein (auch wenn sich “Unrecht” hier wirklich auf einer ganz anderen Ebene abspielt)

Allerdings wäre “Kirche im Dorf lassen” wirklich langsam angebracht. Wer von uns ist ein so perfekter Gutmensch, dass er noch nie irgendwie geschäftlich mit einer Firma zu tun hatte, die sich schon mal Dinge ähnlichen Kalibers geleistet hat? Das ist z.B. in Deutschland ganz schön schwierig, weil man z.B. kein deutsches Auto kaufen kann, dessen Herstellerfirma 1) entweder während des dritten Reiches Zwangsarbeiter eingesetzt hat) oder 2) zumindest irgendwie an einer Rüstungsfirma beteiligt ist/war und damit zumindest indirekt an dem Tod von vielen Millionen unschuldigen Menschen beteiligt ist.

Interessant ist an dem Adical/Yahoo-Fall, dass sich hier ganz klar Muster aus der “freien Presse” wiederholen, die auch immer mehr von Werbepartner abhängig ist und wo es zumindest Indizien dafür gibt (man erinnere sich an das Spiegel-Windkraft-Skandälchen, welches den Exodus einer ganzen Redakteursclique nach sich zog) dass sie vielleicht auch nicht mehr so GANZ frei ist, wie man es gern hätte. hüstel

Sicher wäre es für jemanden wie Spreeblick-Johnny, der gern man den Kapitalismus-Kritiker und Menschenrechtler gibt, besser, für nix und niemanden Werbung zu machen weil man nur so seine komplette Unabhängigkeit darstellen kann. Dann stellt sich allerdings wieder die Frage, wie und ob man von der Bloggerei leben kann.

Die Grundfrage ist also: Kann man von einer Firma Geld durch Werbung bekommen und dennoch kritisch mit dieser Firma umgehen, bzw. mit den Praktiken dieser Firma nicht einverstanden sein? Ich glaube nicht, dass man diese Frage klar mit Ja oder Nein beantworten kann. Weder theoretisch noch praktisch.

Als Beispielhaft empfinde ich da immer den Umgang der c’t mit ihren Werbekunden (mind you, wir reden hier auch wieder über eine ganz andere Ebene), die es z.B. schaffen, eine offizielle Microsoft-CD (es ging um irgendwas sicherheits-technisches? Ich erinnere mich nicht mehr) ins Heft zu pappen, das darauf enthaltene Produkt aber im Heft gnadenlos runterzumachen und die auf der zweiten CD enthaltenen Alternativen zu propagieren. Aber das ist natürlich kein Selbstgänger. Dazu braucht man Eier, genug Kohle um sich zur Not auch mal von einem Werbekunden trennen zu können, eine Leserschaft, die diesen Spagat erkennt und akzeptiert und nicht zuletzt auch den unbedingten Willen zur Unabhängigkeit. Viele Anbieter scheitern beim Anblick der Dollars schon an diesem letzten Punkt.

Was mich allerdings wirklich ärgert ist dieses “Wie konntest Du das nur tun”-Gelabere. Wie ich oben schon bemerkte dürfte es bei einem durchschnittlichen Mitteleuropäer recht einfach sein, 1, 2 Dinge zu finden, die er besser nicht gemacht hätte, weil er so das Unrecht in dieser Welt