So. Jetzt bin ich also auch mal in den Staaten gewesen, in “Gods own Country”. Habe eine Menge Beobachtungen gemacht, einen Haufen Vorurteile bestätigt gesehen und alles in allem festgestellt, das mein Bild, das ich vorher von Amerika hatte, gar nicht soooo falsch war. Interessante Beobachtungen:
- An Klimaanlagen kann man sich gewöhnen, wenn draußen 36°C und 80% Luftfeuchtigkeit herrschen. An Klimaanlagen in Kongresszentren, die dann gleich auf 12°C runterkühlen, werde ich mich allerdings nicht gewöhnen.
- Der vielbeschworene Dienstleistungshimmel in Amerika ist wohl überwiegend Fassade. Ein “How you do today, Sir” ist nichts wert, wenn der (sicher unterbezahlte Verkäufer) während man zum “Fine, thanks” ansetzt schon wieder abdreht. Texte auswendig lernen macht einen nicht automatisch freundlicher
- Apropos unterbezahlt: Das es sich lohnt, Latinos in der sengenden Hitze von Virginia an Straßenkreuzungen als Schilderhalter zu beschäftigen, hat schon einen ziemlich zynischen Touch.
- Die Menschen in Virginia sind überwiegend extrem entspannt. Das gilt dann leider auch für den Eisverkäufer bei Ben&Jerry’s und für die FootLocker-Verkäuferin (Die nach 10 Minuten in den FootLocker-Katakomben sinngemäß sagte “I think I don’t have them in 7 but I’ll take a second look” und wieder für 5 Minuten verschwand). Da muss man sich echt dran gewöhnen.
- Die Menschen sind allerdings tatsächlich so freundlich (und dabei so unverbindlich) wie man immer sagt
- Das man in “unserem Alter” im Supermarkt beim Kauf der Plörre, die die dort Bier nennen, seinen Ausweis vorzeigen muss (Und 3 “Manager” benötigt werden um die Echtheit eines deutschen Reisepasses zu bestätigen), ist, uhm, Gewöhnungsbedürftig.
- Inlandsflüge in den Staaten sind offensichtlich so schlecht (unzuverlässig) wie ihr Ruf
- Sehr erstaunlich: Ich habe während der Woche in den Staaten nicht ein einziges Mal Bargeld in der Hand gehabt. Die einzige Gelegenheit, wo ich es gebraucht hätte war in Washington für Hotdogs/Beverages und als Tip für den coolen Plastikeimerdrummer
- Die Architektur ist überwiegend grausam. Disneyland lässt grüßen. Pseudoklinkerlitzchen im 1900-Stil aus Plastik.
- Shuttlebusse! Vom Flughafen zur Autovermietung. Vom Parkplatz des Konferenzzentrums zum Konferenzzentrum (!).
- Don’t touch anything! Step to the Wall! (TSA 4 evar!)
- Absperrungsanlagen rund um das weisse Haus besser nicht Fotographieren.
- Fernsehgottesdienste sind toll! Noch toller ist aber, die Werbesendungen mit den furchtbaren Overdubs mal ohne die furchtbaren Overdubs zu sehen/hören. “The Nicer Dicer” vs. “Magic Bullet”.
- Kostenloses Wifi/WLAN im Hotel ist toll! Noch toller ist aber ein Hotelpool!
Alles in allem eine tolle Erfahrung, schon alleine wegen der Shopping-Möglichkeiten auch gern mal wieder, aber ich fühle mich bestätigt: Leben und Arbeiten würde ich da drüben nicht wollen. Alles ein bisschen zu oberflächlich. Alles ein bisschen zu künstlich.