Ich hatte neulich eine erst etwas unfreundliche, aber dann doch entspannte und lehrreiche Konversation mit einem Stadteil-Polizisten, der mich vollkommen zurecht darauf hinwies, dass ich auf dem Fahrradweg in der falschen Richtung, bzw. auf der falschen Seite unterwegs sei. Im gegensatz zu 100% aller Radfahrer, die der Beamte danach noch angehalten hat, wusste ich wenigstens, das ich im Unrecht war.

Aber darum soll es hier nicht gehen. Einer der Aha-Momente in unserer kurzen Unterhaltung war, dass in Hamburg momentan eine kleine Revolution stattfindet, von der niemand etwas mitbekommt.

Dazu muss ich etwas ausholen - Es gibt nämlich Radwege und Radwege. Genauer gesagt: Benutzunsgpflichte Radwege und Nicht benutzungspflichtige Radwege. Schon gewusst?

Der Unterschied ist eigentlich ganz einfach zu erkennen: Benutzungspflichtige Radwege sind mit einem Schild (Wer auf StVO-Beamten-Sprachverirrungen steht, dem sei der Wikipediaartikel ans Herz gelegt) mit dem typischen Fahrrad auf blauem Grund versehen.

Nicht benutzungspflichtige Radwege hingegen sehen nur nach Radweg aus, haben aber keine Beschilderung. Und wie der Name es sagt: Man muss diese Radwege nicht benutzen. Man darf es aber.

Das interessante ist nicht nur, dass die meisten Fahrradfahrer die ich kenne das nicht wissen, sondern auch dass Hamburg heimlich still und leise die Schilder abbaut. Der Hauptgrund dafür dürfte sein, dass die meisten Radwege der derzeit gültigen Verwaltungsvorschrift zu den baulichen Voraussetzungen (Am wichtigsten: Mindestens 1,50m breit, aber auch “geradlinige Wegführung” und “zumutbare Beschaffenheit”) nicht mehr entsprechen. Ein weiterer Grund dürfte allerdings auch sein, dass es inzwischen reichlich Gutachten darüber gibt, dass zumindest bei traditioneller Bauweise die Unfallgefahr bei Radwegen eher höher ist als wenn die Radfahrer auf der Straße fahren.

Beispiel gefällig? Die Schanzenstraße, durch und durch mit Radwegen versehen und mein Lieblingsort für Beinaheunfälle mit ahnungslosen Fußgängern hat sein geraumer Zeit keine Radwegschilder mehr. Der einzige Grund für mich, da trotzdem auf dem Radweg zu fahren ist die etwas schönere Ampelschaltung für Fuß- und Radweg, sowie der Spaß daran, Fußgänger zu erschrecken. Spaß beiseite.

Und wie gesagt - Niemand weiss das. Weder Fahrradfahrer noch Autofahrer die einen immer noch gerne anpöbeln, wenn man auf der Straße fährt.

Übrigens: Auch auf nicht benutzungspflichtigen Fahrradwegen haben Fußgänger nichts zu suchen und gängige Gerichtsurteile sprechen Fußgängern hier gern die Alleinschuld zu. Allerdings: Schon das verletzen des Luftraumes des Fußwegs (zum Beispiel mit dem Lenker) kann die Schuld umkehren. Noch ein Grund warum schmale Radwege nicht mehr als Pflichtveranstaltung taugen.

Es ist übrigens (ach dieses Rechtszeugs) nicht so, dass ein schmaler Radweg automatisch dazu führt (er entspricht ja nicht mehr den Vorschriften) dass man auf der Straße fahren darf - Das Auszeichnen eines Radweges ist ein Verwaltungsakt und auch illegale Verwaltungsakte sind bindend (aaaaaghrh), so lange sie nicht angefochten oder weggeklagt werden. Tja.

Jedenfalls - Ich empfehle Euch allen, sich mal ein bisschen umzugucken. Nach meinen bescheidenen Recherchen sind das inzwischen schon extrem wenige benutzungspflichte Radwege im Stadtgebiet. Und das ist gut so.

Was übrigens vollkommen verboten ist: Auf dem Gehweg fahren. Entweder Radweg oder Straße. Viele meinen (inklusive meiner Mutter), dass das viel zu gefährlich sei, aber die Statistiken sprechen da eine ganz andere Sprache.

Zurück zum Anfang: Die Benutzung von Radwegen auf der linken Straßenseite (also auf der “falschen” Seite) ist übrigens wirklich nur dann erlaubt, wenn explizit ausgeschildert. Ich wünschte mir, auch das wüssten mehr Leute. Ich missachte diese Regel zwar auch gelegentlich, aber wirklich nur dann, wenn ich den sonst entstehenden Umweg für zu groß halte und dann auch in der Regel nur sehr langsam und vorsichtig.

Ich vermute, manche von Euch halten mich jetzt für einen Gesslerhut. Meine Antwort darauf ist zweigeteilt: Einerseits können wir uns nicht beschweren, dass wir als Fahrradfahrer im Stadverkehr ständig benachteiligt werden, aber dann konsequent so tun als ob die Spielregeln, die das Miteinander in ebenjenigem regulieren nicht für uns gelten und zum anderen habe ich wirklich den Eindruck dass die meisten Menschen diese Spielregeln nicht mal kennen, was man sehr gut an meinem Lieblingsbeispiel erkennt: Radfahrer die wild klingelnd und schimpfend an einer grünen Fußgängerampel vorbeirauschen. In diesem Fall ist es nicht nur so dass man als Fahrradfahrer die rote Straßenampel zu respektieren hat, sondern auch so dass einem eigentlich der gesunde Menschenverstand sagen sollte, dass es nicht richtig sein kann, zu vermuten, dass man dort Vorfahrt hat.

In diesem Sinne: Viel Spaß beim Fahrradfahren, passt auf Euch auf und nehmt öfter mal die Straße: Das ist nicht nur sicherer sondern in den allermeisten Fällen inzwischen vollkommen in Ordnung.

Oh und natürlich: Ich bin kein Anwalt und nicht für eventuelle rechtliche Fehler in meinen Ausführungen haftbar.