Weil ich mich gestern so über den “ach-so-kritischen” Medienkritiker (dieses mal bekommt er keinen Link von mir) und seine Lobpreisungen auf das Bild-Endorsement geärgert habe, hier kurz die Argumente des Herrn Müller-Vogg zerpflückt:

1. Bushs Prioritäten sind eindeutig. Er sieht den menschenverachtenden islamistischen Fundamentalismus, die mordwütigen Mullahs als die größte Gefahr für die westliche Welt.

Yeah, right – Bush hat bis zu 9/11 die Gefahr deutlich weniger beachtet als Clinton. Kerry hat sich bereits mehrmals eindeutig in diesem Punkt geäussert, da mag ihn die republikanische Presse noch so sehr als Flip-Flopper hinstellen. Und was hat Bush dann gemacht? Den von Mullahs ach so fanatisch geführten Irak angegriffen. Mind you: Jetzt wo die Amis im Irak ein schönes Machtvakuum gezaubert haben, gibts auch plötzlich fanatische Muslime. Seltsam, oder?


2. Bush hat die Lektionen der Geschichte gelernt. Gegen gewaltbereite Fanatiker helfen keine guten Worte, da hilft nur militärische Stärke. Da gibt es bei ihm – anders als bei Kerry – kein Wackeln.

Die alte “das hat schon bei Hitler funktioniert”-Anspielung. Netter Griff in die Rhetorik-Muskiste, aber am Kern der Sache vorbei. Ich habe nicht den Eindruck, das Bush aus der Geschichte gelernt hat (ich sag jetzt mal “Vietnam”). Abgesehen davon ist das mit dem Wackeln und dem Kerry wieder nur republikanische Wahlkampf-Propaganda, siehe oben.

3. Unter Bush werden die USA als Supermacht weiterhin die Hauptlast in dem von den islamistischen Fanatikern einseitig erklärten „Heiligen Krieg“ tragen – militärisch, finanziell und auch beim Blutzoll.

Eh. 1) In Afghanistan hängen z.B. die deutschen Militärs voll mit drin. 2) Der Krieg im Irak “einseitig von islamistischen Fanatikern” erklärt? 3) Blutzoll? Madrid? Istanbul? Anyone? Das ist so falsch, das es schon fast albern ist.

4. Neben dem Kampf gegen den Terror und die Terroristen wird ein wiedergewählter Bush alles tun, um keine neuen atomaren Mächte entstehen zu lassen. Das gilt insbesondere mit Blick auf die nuklearen Ambitionen des Irans und Nordkoreas.

Yo. Gute Sache das. Wer sagt, das dies bei Kerry anders wäre? Aber vielleicht versucht es Kerry erstmal mit dem üblichen Weg, der ja im Irak überraschenderweise erstaunlich gut geklappt hat (nämlich zu versuchen Inspektoren in das Land zu bekommen und mit Sanktionen Druck aufbauen)

5. Bush hat gelernt, daß Amerika jedes Land militärisch besiegen, aber nicht im Alleingang befrieden kann.
Deshalb wird er in einer zweiten Amtszeit verstärkt auf internationale Zusammenarbeit setzen.

Aber er wird sich nicht davon abhängig machen, wie Syrien oder Libyen in der UNO abstimmen.


AHA! Jetzt wirds aber interessant. Ich halte es für eine böse Unterstellung, dem Bush vorwerfen zu wollen, er sei lernfähig :). Abgesehen davon ist das ja doch eher ein Grund, der für Kerry spricht, der sich explizit für eine bessere internationale Verständigung ausgesprochen hat. Oh und btw, seit wann sitzen Syrien und Lybien im UN-Sicherheitsrat? Also. Um die Stimmen von Syrien und Lybien hat man sich auch vorher nicht groß kümmern müssen.

6. Bush weiß, daß Europa und Deutschland gar nicht über die militärischen Kapazitäten verfügen, um sich über ihre bisherigen Auslandseinsätze hinaus nennenswert zu engagieren. Deshalb wird er diesen Beitrag auch nicht einfordern. Kerry aber würde genau das tun – und die ohnehin beschädigten deutsch-amerikanischen Beziehungen weiter belasten.

Also viel verdrehter kann man das ja wohl nicht mehr darstellen. Sicher, die Kapaziäten der BW sind begrenzt und viel mehr als im Moment ist da sicher nicht drin. Das Kerry nach der Wahl sagt “So, Jungs, jetzt müsst ihr aber auch mal ran” ist doch irgendwie ziemlich illusorisch, immerhin sollten doch zwei NATO-Mitglieder ganz gut über die Einsatzfähigkeit der Truppen informiert sein, oder? Ich denke, was Kerry machen wird (wenn überhaupt), ist, international wieder mehr Gespräche zu führen und in diesem Prozess auszuloten, wo noch Spielraum ist. Eine Belastung für die Deutsch-Amerikanischen Beziehungen seh ich da jetzt aber eher nicht?!?

7. Unter Bush wird Amerika ein verläßlicher Partner Israels bei dessen Überlebenskampf bleiben. Daran muß gerade uns Deutschen sehr gelegen sein.

Ich ergänze den ersten Satz: “…und damit weiterhin den Druck von Israel nehmen, den Friedensprozess nachhaltig zu unterstützen.” Ich weiss ja, das wir als Deutsche in großes Interesse daran haben sollten, das die Juden in ihrem eigenen Staat leben dürfen und dort bitte nicht regelmäßig von Suicide-Bombern in die Luft gejagt werden sollten. Aber was die Israelis in Sachen Expansionspolitik, Siedlungspolitik etc. betreiben geht nun wirklich deutlich über das Maß an Führsorge hinaus, für das ich mich als Deutscher verpflichtet fühle. ABGESEHEN davon wird es sich kein Amerikanischer Präsident erlauben können, die Israelis nicht zu unterstützen, dafür ist die jüdische Lobby in den Staaten einfach zu mächtig (Und das ist nicht als Vorwurf gemeint, sondern eine Tatsache)

8. Die Republikaner waren immer entschiedenere Befürworter eines freien Welthandels als die Demokraten. Das gilt auch für Bush im Vergleich zu Kerry. Und das ist gut für die Exportnation Deutschland.

Yo. Deswegen ist nach der Amtsübernahme von Bush erstmal die Stahlkrise eskaliert. Deswegen haben sich die Amis erstmal die Ölquellen von Saddam unter den Nagel gerissen, die z.T. langfristige Verträge mit europäischen Firmen hatten. Auch ein Bush ist nur so lange für den freien Welthandel, wie es den USA nutzt. Abgesehen davon behalte ich mir bei dem Thema “Wirtschaftsliberalisierung” dann doch noch eine eigene Meinung vor. Was nützt es uns, das wir Exportweltmeister sind, wenn wir die Jobs gleich mit exportieren?

9. Jede neue amerikanische Regierung macht Fehler; Bush hat seine schon gemacht. Kerry hingegen hat noch nie ein Regierungsamt bekleidet. Er wäre so schlecht vorbereitet wie wenige Präsidenten vor ihm.

Ich habe, nach all dem, was ich von der Gouverneurszeit von GW Bush weiss, nicht den eindruck als sei er besonders gut vorbereitet gewesen. Viel wichtiger ist doch, das man für alle Themen die richtigen Berater zur Hand hat. Man ist doch als Präsident eh immer auf die Beurteilungen seiner Experten angewiesen. Und da hat Kerry doch eine ganz nette Riege aufgestellt.

10. Bei Bush wissen wir, was wir zu erwarten haben. Bei John Kerry weiß dagegen niemand, wofür er steht und wohin er Amerika – und die Welt – führen will.

Das stimmt irgendwie sogar. Aber manchmal weiss man ja auch ganz genau, was man nicht will, nech.

Eat this, Medienkritiker :)